Wo bleibt die Leidenschaft?
Tags: Einstellungen, Veränderung, Weiterbildung
Kennen Sie das? Sie sind in einem Beratungsgespräch und ihr Gegenüber soll Ihnen eigentlich etwas verkaufen… das ist sein Job! Das Produkt an sich könnte Ihren Interessen schon entsprechen, Sie haben Bedarf! Das Problem: Sie spüren beim Verkäufer nicht, dass er in irgendeiner Weise motiviert ist. Sie spüren kein Feuer. Sie spüren keine Leidenschaft, keine Energie… weder für das Produkt noch für seinen Beruf, und … Sie kaufen nicht.
Rein rational ist das nicht immer vernünftig zu begründen, psychologisch schon. Denn ganz gleich, was wir kaufen, soll das Produkt immer auch unsere Gefühle ansprechen, unsere unterschwelligen Bedürfnisse nach Anerkennung, Zugehörigkeit und Wertschätzung befriedigen. Es geht darum Emotionen zu erzeugen… – und das gelingt nur, wenn diese Emotionen beim Verkäufer spürbar werden.
Es hat eine befreiende und energetisierende Wirkung leidenschaftliche Menschen zu erleben. Wenn die Referentin in einem Vortrag die Funken sprühen lässt und Sie können in diese Power mit einschwingen, dann tut das einfach gut – und die Inhalte können Sie sich auch leichter merken.
Wenn Sie auf ein Amt kommen – und die dortige Sachbearbeiterin ist freundlich zuvorkommend, geht auf Sie ein und lässt Sie spüren, dass Sie ihren Job gerne macht, dass sie das Gerede von der Dienstleistung im öffentlichen Dienst verinnerlicht hat und lebt, dann tut das einfach gut – und verringert den Abstand zwischen „die da oben“ und „wir da unten“.
Leidenschaft ist eine Emotion und ihr Entstehen braucht bestimmte Rahmenbedingungen.
Als Arbeitgeber, der leidenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen will, können Sie natürlich darauf achten, dass die Voraussetzungen stimmen, dass also das Gehalt und die sonstigen Vergütungsbestandteile der Kompetenz und der Leistung entsprechen. Gratifikationskrisen sind ein riesiges Problem, weil sie Motivation zerstören, Stress und Unlust erzeugen und dadurch die Leistung extrem verschlechtern.
Der nächste Schritt ist darauf zu achten, und das erfordert schon etwas mehr an „Eignungsdiagnostik“, dass wirklich die richtigen Leute an der richtigen Stelle sitzen. „Job-Fit“ heißt das dann in der Sprache der Organisationspsychologie. Überspitzt gesagt: Wenn Sie ihren schüchternsten Mitarbeiter zu Produktpräsentationen verdonnern, wird der wenig erfolgreich sein, sich unwohl fühlen und seinen Text auswendig gelernt ohne Energie und Leidenschaft darbieten – und Sie verkaufen nichts.
Begeisterung entsteht beim Verkäufer aber auch durch ein Produkt, das ihn selbst überzeugt und er also nicht nur so tun muss, als ob das toll wäre. Insofern braucht es wohl auch so etwas wie ein „Product-Fit“. Vermittelt das Produkt die Werte, die er teilt, transportiert es die Emotionen, die er selbst sucht, verschafft es ihm den „Mehrwert“, den Nutzen, den er sich davon verspricht, weil es seine Bedürfnisse befriedigt. Dabei kann das Produkt sowohl ein reales, als auch ein virtuelles oder eine Dienstleistung sein.
Ich merke, das in dem, was ich arbeite und lebe, mir die Energie immer wichtiger wird. Meine eigene, die ich in Coachings, Trainings, in Workshops oder auch Vorträgen hineinlege, von der ich hoffe, dass sie spürbar wird, dass sie ansteckend wirkt und andere Menschen mitnimmt. Dann aber auch die, die ich bei meinem Gegenüber wahrnehme. Und dabei habe ich den Eindruck, dass ich immer mehr Menschen erlebe, die das Feuer in sich nicht mehr zum lodern bringen. Da mag unter der Asche schon noch etwas Glut glimmen, aber einheizen kann man damit nicht mehr.
Und auch wenn ich ahne, welche vielfältigen Ursachen das haben kann, bin ich doch immer wieder darüber erschrocken und wünschte mir, dass sich eben nicht nur die Depression, sondern auch die Leidenschaft und die Lust an der Veränderung wie ein Virus ausbreitet.