Weihnachtsstimmung

Heute ist der Tag vor Heilig Abend.

Vor wenigen Wochen sind wir umgezogen in ein neues Zuhause. Es ist mir noch fremd, auch nach vier Wochen. Dabei sind die Möbel und Einrichtungsgegenstände die gleichen geblieben. Aber sie wirken ganz anders in der neuen Umgebung.
Ich trauere der alten Wohnung nicht nach. Sie war viel zu klein geworden, seit die Familie größer wurde. Auch die unmittelbare Umgebung war nicht mein Traumquartier gewesen. Ich wünsche mich also nicht zurück und war auch noch nie versucht, den falschen Weg auf der Fahrt nach Hause einzuschlagen. Aber meine Seele ist noch nicht angekommen im Neuen.

Den ganzen Herbst haben wir das neue Zuhause renoviert. Wir haben alte Tapeten runter und Putz drauf gemacht, neue Böden verlegt, neue Wände eingezogen, ein neues Bad gemacht. Dies hat viel Kraft gekostet, zu viel?

Das Wetter in dieser Zeit war ungewöhnlich warm und sonnig. In diesem Jahr konnte sich kein Novemberblues einstellen, weil die Sonne scheinbar ihre Versäumnisse eines langen verregneten Sommers nachholen wollte. Wochenlang kein Tropfen Regen, strahlender Himmel, Indian Summer im Schönbuch. Für die Renovierung war das ideal.

Durch den Umzug bedingt ist das Schmücken der Wohnung sehr reduziert geblieben. Einen Adventskranz gab es erst ab dem zweiten Advent – den wollte ich nicht auch noch umziehen müssen. Zwar sind die Umzugskisten bis auf wenige ausgepackt und die meisten Möbel haben bereits ihren Platz gefunden, aber die Dekorationskiste ist zu geblieben.

Natürlich habe ich Geschenke gekauft für die wichtigsten Menschen im meinem Umfeld. Auch ein Baum steht schon auf der Terrasse und wartet darauf, geschmückt zu werden.
Aber ich habe noch keine innere Ruhe gefunden, auch nicht, um Weihnachtskarten zu schreiben. Heute kann ich mich damit vertrösten, dass es dafür nun sowieso zu spät ist.

Heute ist der Tag vor Heilig Abend und ich verspüre keine Weihnachtsstimmung.

Weihnachtsstimmung. Wenn wir in unseren Wohnzimmern die Weihnachtskrippen aufstellen, dann sind es meist heimelige Szenen, die sich da gestalten. Ein freundlicher Stall mit friedlichen Tieren, zwei glückselige junge Menschen, die ihr neugeborenes Kind bestaunen, Lichterstrahlen vom Glanz der Engel – Weihnachtsstimmung eben.

Wenn ich die biblische Geschichte lese, dann erzählt sie von zwei Menschen, die trotz fortgeschrittener Schwangerschaft einer Anordnung zufolge ihr Zuhause verlassen und in eine fremde Stadt ziehen müssen, sie finden kein Obdach und müssen dankbar sein, dass sie sich in einen Viehstall verkriechen können. Dort wird es weder nach Lebkuchen noch nach Tannengrün geduftet, vielmehr nach Kühen und Schafen gestunken haben.

Und in dieser unwirtlichen Umgebung kommt dann auch noch das Kind zu Welt. Schmerzende Wehen, Schreien, weder sterile Unterlagen noch eine Hebamme in der Nähe. Nur die pure Not, in diesem Stall zu gebären. Maria und Joseph werden sich nicht heimisch und geborgen gefühlt haben, sondern fremd und ausgeliefert, zutiefst verletzlich.
Auch eine Weihnachtsstimmung.

Und es braucht seine Zeit, bis die Hirten auf dem Feld verstehen, was ihnen der Engel sagen will, bis sie zum Stall rennen und den jungen Eltern versichern, dass genau dieses Schicksal in all seinem Elend eine Zeitenwende auslösen wird. Vielleicht begreifen sie es erst so richtig, als dann Wochen später andere Besucher kommen, die dem Kind huldigen. So lange müssen sie ausharren im Stall, zwischen Ochs, Eseln und Schafen, im Stroh. Ganz unromantisch und beileibe nicht kitschig kommt Gott auf diese Welt, um sie zu erneuern.
Eine andere Weihnachtsstimmung.

An den Gestank gewöhnt man sich und wenn dann ein Plätzchen eingerichtet ist, dann kann es sogar erträglich sein – reduziert in seinen Möglichkeiten gewinnt das Wesentliche eine neue Bedeutung. Was ist wichtig im Leben? Welchen Sinn hat es und welchen gebe ich ihm?

Immerhin geborgen im Kreise der Familie, aufgrund der äußeren Situation mit gedrosselter Geschwindigkeit. Die Chance, in Ruhe zu sich zu kommen, nachzudenken, Bilanz zu ziehen, das eigene Leben zu verstehen und letztlich Offenheit zu entwickeln für das, was kommen soll.
Weihnachten ist die Zeit der langen Nächte, wie gemacht, zuzulassen, dass etwas Neues beginnen kann.

Ich wünsche Ihnen in diesen Weihnachtstagen Ruhe und Besinnung, aufbauende und wohltuende Begegnungen mit Ihren Lieben und die Muße, dem für Sie Wesentlichen Raum zu geben.

2 Kommentare to “Weihnachtsstimmung”

  1. David Putzke said:

    Dez 31, 11 at 11:06

    Hallo Frau Schäfer,

    Ich hoffe, dass sie sich noch mehr eingelebt haben als vor Weihnachten.
    Ich kann dieses Jahr gut nachvollziehen, dass sie einen Tag vor Weihnachten keine Weihnachtsstimmung haben, ging mir dieses Jahr genau so.

    Ich wünsche Ihnen viel Erfolg für das Jahr 2012 und eine weiterhin gute Eingewöhnungszeit 🙂

  2. Christian Günther said:

    Jan 07, 12 at 03:36

    Hallo Biggi,
    das mit der fehlenden Weihnachtsstimmung ist nicht nur dir so ergangen. Mir hat auch das Wetter einen dicken Strich durch die Weihnacht gemacht obwohl ich betrieblich dieses Wetter sehr bevorzuge 🙂
    Trotz der wahrscheinlich „komischen“ Eingewöhnungszeit und dem Mosern deiner Neffen beim Umzug (mich eingeschlossen)
    Zitat: Wo habt Ihr das ganze Zeugs in der kleinen Wohnung verstaut
    wünsche ich dir eine geruhsame Eingewöhnungszeit
    Mit neffenhaftem Gruß Christian


Hinterlassen Sie eine Antwort